Auch Gerichte sind nicht unfehlbar. So meinen manche Gerichte, die Teilungsversteigerung vor der Ehescheidung wäre unzulässig. Oder sie müssten es zumindest erst prüfen. Das ist alles Unsinn. Aber nicht nur bei den Ehepartnern bestehen irrige Vorstellungen. Das ist bei Gerichten manchmal auch so. Man sollte es nicht glauben, aber es ist leider so.
Prüfung auf Zulässigkeit der Teilungsversteigerung vor der Ehescheidung
Ich hatte es ja im ersten Teil dieses Beitrags bereits dargelegt. (www.teilungsversteigerung24.de/teilungsversteigerung-vor-der-ehescheidung/). Das Versteigerungsgericht wird nicht prüfen, ob die Teilungsversteigerung vor der Ehescheidung erfolgen kann. Es wird also nicht prüfen ob Sie geschieden sind. Es wird also auch nicht prüfen, ob Sie über ausreichend anderes Vermögen verfügen. Diese Prüfung bleibe vielmehr dem Prozessgericht im Rahmen einer Drittwiderspruchsklage vorbehalten. Das ist auch richtig so. Die Prüfung, ob die Teilungsversteigerung vor der Ehescheidung zulässig ist, obliegt nicht dem Versteigerungsgericht.
Nun gibt es aber einige Versteigerungsgerichte, die das noch nicht verstanden haben. Diese sind dann der Meinung, es obliege Ihnen durchaus, diese Prüfung vorzunehmen. Das sind z.B. die Amtsgerichte Köln, Schweinfurt, Gelsenkirchen, Heidelberg, Wiesbaden und noch einige mehr. Diese Amtsgerichte befinden sich jedoch insoweit im Irrtum. Es gibt nämlich inzwischen dazu eine entsprechende BGH-Entscheidung. Außerdem ist die Rechtslage im Standardkommentar von Stöber zum Zwangsversteigerungsgesetz sehr klar dargelegt:
Kommentar zur Teilungsversteigerung vor der Ehescheidung
Stöber (Rn. 3.13. f zu § 180 ZVG) führt dazu nämlich unzweideutig aus:
- Zu ermitteln hat das Vollstreckungsgericht somit nicht, ob der Antrag etwa der Zustimmung bedarf
- Das Verfahren knüpft an die formale Grundbuchlage an. Die Versteigerung ist auch auf Antrag eines in Zugewinngemeinschaft lebenden Ehegatten deshalb anzuordnen, wenn die verfahrensmäßigen Antragsvoraussetzungen gegeben sind.
- Nur wenn das Versteigerungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen kennt (wenn sie offen zutage liegen), kann es dem Antrag nicht entsprechen.
- Kann das Vollstreckungsgericht sich Kenntnis vom Vorliegen der Voraussetzungen nicht verschaffen, dann hat es davon auszugehen, dass dem Ehegatten die freie Verfügungsgewalt zusteht, mithin, das Verfahren anzuordnen; Einwendungen wären dann auf dem Prozesswege geltend zu machen.
- Wäre in einem solchen Fall vom Antragsteller der Nachweis zu erbringen, dass die Voraussetzungen nicht gegeben sind, dann dann würde der Grundsatz der Verfügungsfreiheit des BGB § 1365 in sein Gegenteil verkehrt.
Rechtsprechung zur Teilungsversteigerung vor der Ehescheidung
Und mit dem BGH-Beschluss vom 14.06.2007 (V ZB 102/06) legt der BGH dar (Randziffer 6):
Zutreffend nimmt das Beschwerdegericht allerdings an, dass hier auf die Erinnerung nach § 766 ZPO zu prüfen war, ob der Antrag auf Anordnung der Teilungsversteigerung des den Beteiligten gehörenden Grundstücks nach § 1365 Abs. 1 BGB der Zustimmung bedurfte.
Eine Prüfung, ob die Teilungsversteigerung vor der Ehescheidung erfolgen kann, ist also nur dann vorzunehmen, wenn eine Vollstreckungserinnerung vorliegt (und nicht schon vorbeugend vorher).
Weiter heißt es in dem obigen BGH-Beschluss (Randziffer 7):
Zwar können mit der Vollstreckungserinnerung nur Einwendungen geltend gemacht werden, die die formellen Voraussetzungen der Anordnung einer Zwangsversteigerung betreffen, während der Versteigerung entgegenstehende, aus dem Grundbuch nicht ersichtliche Rechte grundsätzlich im Wege der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) vor dem Prozessgericht geltend zu machen sind. Nach § 28 Abs. 2 ZVG hat das Vollstreckungsgericht aber auch der Zwangsversteigerung entgegenstehende, nicht aus dem Grundbuch ersichtliche Verfügungsbeschränkungen von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn sie ihm bekannt geworden sind.
Grundsätzlich sind also aus dem Grundbuch nicht ersichtliche Verfahrenshindernisse im Weg der Drittwiderspruchklage geltend zu machen. Nur ausnahmsweise sind diese vom Vollstreckungsgericht auch dann zu berücksichtigen, „wenn sie ihm bekannt geworden sind“. Das bedeutet nun aber nicht etwa, das Versteigerungsgericht habe eigene Ermittlungen anzustellen, auf dass ihm eventuelle Verfahrenshindernisse bekannt würden. Vielmehr bedeutet es lediglich, dass solche Hindernisse dem Versteigerungsgericht nur dann bekannt sind, wenn sie offen zutage liegen bzw. zwischen den Beteiligten unstreitig sind. Die Teilungsversteigerung vor der Ehescheidung darf also nur dann nicht durchgeführt werden, wenn beide Ehepartner erklären, dass kein sonstiges Vermögen vorhanden sei.
Bekannt nur, wenn unstreitig
Insoweit führt der zitierte BGH-Beschluss dazu dann auch aus (Randziffer 8):
Hieraus folgt zugleich, dass eine gegen den Anordnungsbeschluss gerichtete Erinnerung Erfolg haben muss, wenn eine der Teilungsversteigerung entgegenstehende Verfügungsbeschränkung des Antragstellers nach § 1365 Abs. 1 BGB unstreitig wird. So muss das Versteigerungsverfahren von Amts wegen aufgehoben oder einstweilen eingestellt werden, wenn zwischen den beteiligten Ehegatten unstreitig und damit bekannt wird, dass der Miteigentumsanteil des die Versteigerung betreibenden Ehegatten dessen ganzes Vermögen darstellt
Quintessenz zur Teilungsversteigerung vor der Ehescheidung
Auch der BGH geht also davon aus, dass eine derartige Tatsache (so sie denn vorliegt) dem Versteigerungsgericht nur dadurch bekannt werden kann, dass sie unstreitig gestellt wird. Also nur dann, wenn beide Ehepartner sich darüber einig sind, dass sonstiges Vermögen nicht vorhanden ist, darf die Teilungsversteigerung vor der Ehescheidung abgelehnt werden.
Weitergehende Informationen siehe unter www.teilungsversteigerung.net.
Also liebe Rechtspfleger an den Versteigerungsgerichten: Machen Sie sich keine unnötige Arbeit. Die Prüfung, ob die Ehe geschieden ist, oder ob die Teilungsversteigerung vor der Ehescheidung zulässig ist, fällt nicht in Ihren Aufgabenbereich.
Viele Grüße
Ihr Klaus Dreyer
Den hier aufgezeigten Weg könnte man vielleicht auch auf andere materiellrechtliche Einwendungen übertragen. Materiellrechtliche Einwendungen müssen bekanntlich grundsätzlich beim Prozessgericht im Rahmen einer Drittwiderspruchsklage geltend gemacht werden. Das aber ist mit einem Prozessrisiko verbunden. „Dritter“ ist verwirrenderweise der Antragsgegner. Geschickter erscheint mir, über das Vollstreckungsgericht nachzufragen, ob der Antragsteller die materiellrechtlichen Einwendungen genauso sieht. Falls ja, ist dem Vollstreckungsgericht der Einwand bekannt und muss berücksichtigt werden. Vielleicht habe ich noch die Gelegenheit zu testen, wie das Vollstreckungsgericht auf mein Ansinnen reagiert, wenn ich vom Grundsatz abweichen will.